Arizona Colt Review (Deutsch)

From The Spaghetti Western Database
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Regie: Michele Lupo - Darsteller: Giuliano Gemma, Fernando Sancho, Corinne Marchand, Roberto Camardiel, Andrea Bosic, Nello Pazzafini, Mirko Ellis, Rosalba Neri, Pietro Tordi, Tom Felleghy, José Manuel Martín, José Terrón, Pietro Martallanza (Peter Martell) - Drehbuch: Ernesto Gastaldi, Luciano Martini - Musik: Francesco Di Masi

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Arizona Colt - Database Page


Das erste was man (noch vor Giuliano Gemma's Namen und dem Titelschriftzug) zu sehen bekommt, ist ein Colt aus verschiedenen Perspektiven; dann läuft der gute Vorspann mit seinen Schattenspielen und den Credits, während Raoul eine der schönsten Balladen des Italowestern zum besten gibt.

Den Streifen selbst eröffnet (Double)Whiskey, der vor einem gut bewachten Gefängnis, im Grenzgebiet zwischen Arizona und Mexiko, mit einer Kutsche ankommt und einer hochexplosiven Feldflasche und der Bemerkung Ihr saust direkt ins Grab einen Überfall einläutet. Ins Grab sollen während der nächsten 112 Min. sage und schreibe 108 Leute sausen. Das hat mal jemand nachgezählt und wenn es richtig ist, was ich nicht bezweifle, ergibt das einen Schnitt von einer Leiche pro Minute (die anderen vier wollen wir nochmal davonkommen lassen) was für ein entsprechendes Echo in der damaligen Presse sorgte. Ein gutes Beispiel ist ein Kommentar aus dem hierzulande erschienenen Filmecho von 1967, das Ulrich Bruckner in seinem Buch Für ein paar Leichen mehr erwähnt.

Beim Überfall auf das Gefängnis massakriert Gordo Watch's Bande die Wachen mit sichtlichem Spaß an der Sache, um die Gefangenen zu befreien und so schlagkräftiger für größere Vorhaben zu werden. Unter den Gefangenen befindet sich Arizona Colt, der unbemerkt bleibt und auf Whiskey trifft. Die beiden verlassen das 'Schlachtfeld' nicht, ohne daß Arizona Colt einen überlebenden Soldaten vom Dach schießt, schön lässig aus der Drehung. Dann gehts, zusammen auf einem Pferd, durch die wunderschöne Landschaft Almerias, mit dem genauso schönen Score, schnurstracks ins Abenteuer.


Die Einführung Gordo's ist die überragende Übertreibung eines Bösewichts, wie sie selbst im IW nicht allzu oft vorkommen sollte:


"Mein Vater, der hatte eine phantastische, goldene Uhr.

In die hatte ich mich richtiggehend verrannt.

Da sagt mein Vater, wenn ich mal sterbe, bekommst du sie.

Fünf Sekunden später war sie mein."


Im Beisein seiner, sich vor Lachen ausschüttenden, Leute erklärt er das den bedröppelt dreinschauenden Gefangenen, die von ihm 'befreit' wurden. Das Zeichen der Bande - ein S - sollen sie sich in den Unterarm einbrennen lassen. Wer nicht mitmacht wird gnadenlos abgeknallt, wie ein alter Mann, dem er in beide Hände und dann in die Stirn schießt.

In der italienischen Fassung heißt Fernando Sancho's Figur Gordo, was dick/fett bedeutet, in der deutschen Fassung wurde dann Gordon daraus. Die Namen der drei Hauptcharaktere wirken ohnehin eher comichaft, als daß man sie mit realen Personen in Verbindung bringen würde, was mir ausgesprochen gut gefällt, da es im IW eigentlich auch mehr um Stil als um Realität ging.

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Dann stoßen Arizona Colt und Whiskey zu Gordo,der den ihm Unbekannten fragt:

Wie hat dich deine Mutter getauft ?

Wie das Land, das du tyrannisierst, Arizona bekommt er als Antwort.

"Arizona ? Weiter ..."

"Colt ! Arizona Colt !"

Mit einem schönen Gun Twirl zum Abschluß ist das die Szene und der Dialog des Streifens, die Einführung des Hauptcharakters betreffend. Auf die Frage ob er denn mitmache, antwortet er "Darüber muß ich erst nachdenken", was sein Grundsatz in dieser Geschichte ist und welchen man noch öfter zu hören bekommt.

Nachdem Arizona Colt einen Banditen erschießt, sehr sauber vom Felsvorsprung herunter und davon reitet, sollen noch viele dieser, manchmal ins komische driftenden und gleichzeitig coolen Gunfights folgen. Einmal sitzt er im Unterhemd und langen Unterhosen (sieht aus wie ein grauer Strampelanzug) auf einem Baum und tötet fünf von Gordos Leuten. Dem Überlebenden, Clay, nimmt er dessen Kleidung ab und schickt ihn, in einem rosa Strampelanzug zurück zu Gordo's Bande.

Hier legt Arizona Colt sein altes Aussehen ab, das dem ersten Ringo sehr ähnelt und durch das veränderte Outfit sehen wir eine neue Figur. Auf den verschiedenen Kinoplakaten kann man den verschiedenen Stil des Hauptcharakters vergleichen (z.B. das ital. welches für die erste dt. DVD verwendet wurde, mit dem franz. welches auf der DVD von Savoy zu sehen ist). Später wird Arizona Colt in einem Saloon ein Glas Milch bestellen, bekommt aber keine und trinkt ein Bier. Die zweite Veränderung,nach dem wechseln des Outfits, gegenüber der Figur Ringo, was natürlich auch eine Verbindung zu diesem Charakter andeutet.

Auf dem Weg nach Blackstone, wo Gordo mit seiner Bande die Bank überfallen will, sehen sie die fünf Leichen ihrer Kumpane, die Arizona Colt zu einem NO zurechtgelegt hat. Seine Antwort auf Gordos Frage, ob er an einer Zusammenarbeit interessiert wäre. Das wurde in der alten dt. Fassung geschnitten, wie insgesamt fast 20 Min. die in der dt. Kinofassung fehlten. Auch eine der nächsten Szenen wurde geschnitten, in der ein Pfarrer seinen Sohn aus dem Saloon prügelt, wo dieser vom Sheriff und einigen Cowboys auf einen Whiskey eingeladen wurde. In Italien wurden solche 'Amtspersonen' in den zeitgenössischen Filmen gern mal auf die Schippe genommen, so zwischendurch.

Der Saloon gehört dem Vater von Jane und Dolores, womit die Geschichte einen neuen Verlauf bekommt, da letztere die Bekanntschaft mit Clay, der Stadt und Bank auskundschaften soll, nicht überlebt. Worauf Arizona Colt ihrem Vater das Angebot unterbreitet, ihm den Mörder zu bringen, allerdings für eine Nacht mit seiner anderen Tochter, Jane. Damals wie heute ein starkes Stück, einem Vater anzubieten 'Ich räche deine ermordete Tochter, möchte aber ihre Schwester dafür flachlegen' Aber Ringo, ähm Arizona Colt kann sich das locker erlauben und bekommt sogar vom Pfarrer die besten Wünsche mit auf den Weg.

Der Slowene Andrea Bosic (starb im Januar dieses Jahres im stolzen Alter von 92 Jahren) spielte hier den Saloonbesitzer und außerdem seine erste Rolle in einem IW. Im gleichen Jahr sollte er dann noch in einem weiteren IW, mit Gemma in der Hauptrolle, zugegen sein und zwar als Colonel in Tampeko. Bis dahin wirkte er meistens in Peplum und Abenteuerstreifen mit und brachte es insgesamt auf mehr als 60 Beiträge. Dann wären da noch seine beiden Filmtöchter Corinne Marchand und Rosalba Neri.

Für Marchand, die in Paris geboren ist und im Dezember ihren 75. Geburtstag feiert, war es die einzige Rolle in einem IW, dafür darf sie dann auch mit Gemma happyenden, bevor dieser sich doch allein auf den Weg macht, wie es sich für einen richtigen IW Helden gehört. Von Rosalba Neri kann man (zum Glück) nicht behaupten, daß sie selten im Genre unterwegs war, denn von ihren ca. 100 Filmen waren 17 IW, wenn ich mich nicht verzählt habe. Was gibts zu dieser schönen Frau noch viel zu erzählen, außer daß sie hier mal wieder zauberhaft aussieht und leider viel zu wenig Screentime abbekommt. Zwischenzeitlich hält Gordo den Härtegrad des Streifens hoch, indem er mit seinen Leuten die Bank ausraubt, was viele Menschenleben kostet, wie das eines Bankkunden, den er in den Rücken schießt, weil er der längste in einer Reihe von Leuten ist, die mit dem Gesicht zur Wand stehen. Nach dem gelungenen Bankraub treffen sie auf die Cowboys aus Blackstone, die ebenfalls mit den Taschen voll Geld auf dem Heimweg sind.

Einer der Cowboys ist übrigens Peter Martell, der hier, genau wie Andrea Bosic, seinen ersten (Kurz)auftritt in einem IW hat. Von den ungefähr 40 Streifen in denen er mitwirkte, sollten dann fast die Hälfte IW sein, nämlich 15. Der Bozner war auch ursprünglich dafür vorgesehen mit Bud Spencer die Hauptrolle in Gott vergibt - Django nie zu spielen, wobei ihm ein Beinbruch einen Strich durch die Rechnung machte. Terence Hill übernahm und der Rest ist Geschichte. Peter Martell starb 2010 im Alter von 71 Jahren.

In einer Reihe aufgestellt, werden die Cowboys von Whiskey auf eine sehr lustige Art und Weise ausgeplündert, er riecht,im wahrsten Sinne des Wortes, wo sie ihr Geld versteckt haben. Dann folgt wieder der Holzhammer und Gordo schenkt ihnen zum Schein die Freiheit,um sie dann doch nacheinander abzuschießen. Der letzte, den Gordo mit einem langläufigen Colt aus großer Entfernung in den Rücken schießt, fällt Arizona Colt genau vor die Füße, welcher zwar von Clay überrumpelt wird, diesen aber, in einem richtig guten Kampf um einen Colt, besiegen kann. Daß Pazzafini und Gemma beim Film als Stuntmen anfingen und den allergrößten Teil ihrer Stunts selbst lieferten, sieht man bei den beiden Römern, die auch im richtigen Leben sehr gut befreundet waren, immer wieder, so auch in diesem Fall. Nello Pazzafini, der ungefähr 200 mal vor der Kamera stand, hüpfte bereits durch etliche Pepla, bevor er in Ein Loch im Dollar zum erstenmal bei einem IW, abgesehen von dem ein oder anderen Zorro, mit von der Partie war. An die 40 sollten es werden und viele davon mit Gemma, so wie alle drei Ferroni's. Als er im Herbst 1997 mit 63 Jahren an Diabetes, oder besser an den Folgen der Krankheit starb, soll sein alter Freund der einzige, bekannte Schauspieler gewesen sein, der ihm die letzte Ehre erwies.

Clay verliert in diesem Kampf sein Leben, worauf Gordo in Arizona Colt's Hände und Beine schießt und ihn seinem Schicksal überläßt. Die Gewaltdarstellung ist für die damalige Zeit recht ausgeprägt und dürfte ihre Wirkung nicht verfehlt haben. Wenn Arizona Colt's Hände getroffen werden, erinnert das natürlich an Corbucci's Django,der kurz zuvor entstanden war. Überhaupt entstand Arizona Colt, der im Mai 1966 uraufgeführt wurde, direkt in der Blütezeit des Genres, also zu einem Zeitpunkt als der Italowestern sich größter Beliebtheit erfreute und seinen Höhepunkt erst noch erreichen sollte. Es war Giuliano Gemma's fünfter Genrebeitrag, der in seiner Heimat Pistolero Nazionale genannt wurde und vorher schon mit seinen IW einen Box Office Hit nach dem anderen landete. Diese Karriere in Worte zu fassen würde mit Sicherheit den Rahmen sprengen, was gleichermaßen für Fernando Sancho gilt,der in diesem Forum sogar seinen eigenen Thread ausfüllt, was er sich natürlich auch redlich verdient hat.


Whiskey bringt Arizona Colt und Clay's Leiche nach Blackstone, wo er, in einer schon berühmten Szene, zwei Flaschen Whiskey auf einmal trinkt. Der Spanier Camardiel ist hier für die Auflockerung der Geschichte zuständig, wie so oft, wenn er den Sidekick des Hauptcharakters gibt und erfüllt seine Aufgabe hervorragend. Bereits seit 26 Jahren weilt er nicht mehr unter den Lebenden. Er starb wenige Tage vor seinem 69. Geburtstag, nachdem er in knapp 30 IW und noch 100 verschiedenen Streifen mehr, so manches Publikum zum Schmunzeln brachte.

Arizona Colt fordert nun seine Prämie ein und wer dachte, daß er es nicht tun würde, wird eines besseren belehrt:


"Da hast du eben falsch gedacht"


Das bringt jede Menge Schwierigkeiten mit sich und Arizona Colt verläßt mit Whiskey die Stadt. In einer halb verfallenen Kirche versucht Arizona Colt seine alte Treffsicherheit wieder zu erlangen und bereitet sich auf den herannahenden Kampf gegen Gordo vor. Dieser veranstaltet in Blackstone ein Massaker und ballert, in gewohnter Manier, auf einem Schaukelstuhl sitzend, die Bewohner der Stadt ab. Er droht alle umzubringen,wenn ihm niemand das Versteck von Arizona Colt und Whiskey, der die ganze Beute vom Bankraub und den Cowboys mitgehen ließ, verrät. Jane bittet Arizona Colt um Hilfe, was dieser ablehnt, um schließlich doch, trotz seiner Verletzungen, zum großen Showdown zu erscheinen (Für eine Handvoll Dollar läßt grüßen). Ob er es nun doch Jane zuliebe, für Whiskey, der sich Gordo entgegenstellt (hochexplosiv, wie zu Beginn) und ihm die Dollars überläßt, oder für sich selbst tut, bleibt sein Geheimnis und ist auch eher zweitrangig,denn jetzt erreicht die (Comic)Geschichte ihren Höhepunkt, wenn Arizona Colt mit diesen übergroßen, bandagierten Händen in den Rauschschwaden steht.

Lupo liefert hier eine Hommage an das ital. Puppenspiel ab, das schon Leone in Für eine Handvoll Dollar einbrachte und was zu dieser Zeit auch andere Regisseure versuchten in ihre Filme, gerade den IW, einzubinden. Der Kasper beispielsweise ist in der ital. Welt des Puppenspiels (in der dt. natürlich auch) sehr beliebt. Auch der Sargmacher ist eine verrückte Figur, vielleicht der Puppenspieler höchstpersönlich, der sich während des Schlußduells mit im Schuppen befindet und plötzlich neben Colt auftaucht um die Vorführung zu beenden. Wenn es einer drauf hatte, so wie Lupo bei diesem Finale kann man,möglicherweise mit Kinderaugen, sehen wie der 'gute' Kasper (Gemma) den 'bösen' Räuber (Sancho) verhaut und sich, vor der begeisterten Menge, über ihn lustig macht. Mit den Augen eines größeren Kindes sieht man ein filmgewordenes Comic, das gerade eben von einer Zeichnung zum Leben erwacht, ein Märchen für Erwachsene, in dem ein Arizona Colt einen Gordo Watch besiegt und die Leute für knappe zwei Stunden ihrem Alltag, der vor fast 50 Jahren ganz anders aussah, entkommen und träumen ließ.

Michele Lupo war laut Christian Kessler einer der besten ital. Regisseure im Bereich der Unterhaltung. Diese Meinung teile ich uneingeschränkt mit ihm, da Lupo sie mit seiner ausgezeichneten Arbeit, in den verschiedenen Genres, mehr als nur bestätigt. Sein erster IW war eine Parodie auf Leone's Für eine Handvoll Dollar mit dem Titel Per un pugno nell'occhio was übersetzt soviel wie 'Für eine Faust aufs Auge' heißt und das Komikerduo Franco und Ciccio aufs Publikum losließ. Der Sizilianer, geb. in Corleone, schaffte es immer wieder etwas besonderes aus seinen Filmen herauszuholen und manche davon unvergesslich werden zu lassen. Dazu zählen die anderen beiden IW die er zusammen mit Gemma machte (Ben und Charlie und California Addio), der Heist Streifen Ein achtbarer Mann ebenfalls mit Gemma und natürlich die Filme mit Bud Spencer, Sie nannten ihn Mücke ist einer der schönsten überhaupt.

Michele Lupo wurde nur 56 jahre alt und starb sieben Jahre nach seinem letzten Film Der Bomber in Rom.


Whiskey darf noch einmal so richtig Prost sagen und den Streifen mit einem riesigen Humpen begießen, bevor Arizona Colt, über die großen Leinwände der alten Kinos, die es schon lange nicht mehr gibt, davon reitet, allein, so wie er kam, mit seinem einzigen, treuen Freund - dem Colt.

Wohin ? No one can say ...


--By LankyFellow

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