Die Hölle von San Sebastian BluRay Rezension

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Besprechung der BluRay-Veröffentlichung von Die Hölle von San Sebastian, erschienen am 18. März 2022 bei Hansesound.

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Eine ganze Reihe von Filmen existiert, die irgendwo zwischen Italowestern, in Mexiko gedrehten US-Western oder Abenteuerfilm mit Italowestern-Stilelementen herumschwirren. Das hat auch einfach damit zu tun, dass gewisse Genres in den 60ern und 70ern populärer waren als heute, und ähnliche Regisseure, Schauspielende oder Produktionsfirmen versucht haben, den Zuschauergeschmack entsprechend zu treffen. Manchmal trieb das natürlich auch Blüten wie im Falle von Man, Pride and Vengeance, ein in Spanien spielender Historienfilm basierend auf der Oper Carmen, der für den westdeutschen Markt damals via Marketing einerseits und Änderungen in der Synchronfassung anderserseits direkt zum Italowestern wurde (besser bekannt daher als Mit Django kam der Tod).

Die Hölle von San Sebastian wiederum ist ein fast schon waschechter Revolutions-Western, also das Subgenre der Fast-Western die irgendwie in und um die mexikanische Revolution oder Revolutionen spielen. In diesem Fall außerdem am Rockzipfel des Story-Konzepts von Die Glorreichen Sieben hängend. Mit zwei Weltstars, Charles Bronson (Violent City, Death Wish) einerseits und Anthony Quinn (Alexis Zorbas, Seminole) andererseits, sind die Erwartungen erstmal hoch.

Der Film

Der Film handelt von dem Gauner Leon Alastray (Anthony Quinn), der auf der Flucht vor den Soldaten der spanischen Regierung in die Kirche von Father Joseph (Sam Jaffe) flüchtet. Das kostet den Priester seinen Job und er wird nach San Sebastian versetzt - Alastray aber schmuggelt er mit. Die beschwerliche Reise in die Provinz würde den Priester ohne Alastrays Hilfe das Leben kosten. In San Sebastian angekommen stellen sie fest dass der Ort wie verlassen und verfallen wirkt. Als ein Scharfschütze aus der Bande des Teclo (Charles Bronson) den Priester erschießt, muss Alastray sich entscheiden ob er abhaut, oder bei den wenigen verbleibenden Bewohnern bleibt, allen voran der hübschen Kinita (Anjanette Comer). Leons Problem: die Dorfgemeinde beginnt, ihn für einen Wunder vollbringenden Priester zu halten. Eher widerwillig stellt er sich an die Spitze der Gemeinde und hilft ihnen, sich gegen die marodierenden Banden von Teclo zu verteidigen, der mit den Stämmen der Yaqui gemeinsame Sache macht....

Die Hölle von San Sebastian BluRay

Der Film von Henri Verneuil (Der Coup, 100.000 Dollar in der Sonne) erschien im März 1968 in USA und im Oktober des gleichen Jahres in Italien, also im gleichen Jahr wie Mercenario - der Gefürchtete, Spiel mir das Lied vom Tod und Tepepa, um nur einige zu nennen. Viel Konkurrenz um die hart verdienten Dollar und Lire auf der Suche nach Unterhaltung von der epischen Historienfilm-Sorte und um den Italowestern-Hunger zu stillen. Es war ein großes Jahr für den Italowestern. Doch die Trittbrettfahrer waren natürlich zahlreich. Zwischen all den größeren und kleineren Meisterwerken tummelten sich unzählige "also rans" wie man auf Englisch sagt, also eher so Mitläufer, Filme die produziert wurden weil sie einem gewissen Geschmack entsprachen. Doch nicht jedem Film war großer Erfolg oder kritische Wertschätzung vergönnt, das gilt auch für diesen hier.

Die Hölle von San Sebastian BluRay

Wir gucken erst nochmal genauer aufs Plakat. Mit dabei ist Anjanette Comer, die heute kaum mehr bekannt sein dürfte, was auch an ihrer eher kurzen Karriere lag (man kennt sie vielleicht aus dem Western The Appaloosa, außerdem spielte sie in Rabbit, Run neben James Caan und in Fire Sale von und mit Alan Arkin). Hier ist sie ein wenig das hübsche Landmädel das den Protagonisten bezirzt, ingesamt keine wirklich herausragende Rolle. Dann wäre da noch Sam Jaffe (The Asphalt Jungle, The Day the Earth Stood Still), der am Anfang glänzt aber nicht lange Teil der Story ist. Die sonstige Besetzung dürfte kaum bekannt sein wobei es sich sehr hauptsächlich um Extras aus der Gegend handeln dürfte oder eben um Nebendarsteller aus der mexikanischen Filmindustrie, denn gedreht wurde in Mexiko. Bekannt allerdings ist der Komponist. Ennio Morricone (Für ein paar Dollar mehr) steuert für Die Hölle von San Sebastian einen soliden, eher ruhigen, wenig auffälligen Score bei, der zeitweise an Motive seiner bekannteren Kompositionen erinnert (beispielsweise Tepepa), zumeist aber sehr generisch wirkt und - für Morricones Verhältnisse - fast schon Fahrstuhlmusik sein könnte.

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Quinn glänzt eigentlich in dieser Rolle (wie so oft), er gefällt sich sichtlich in der Rolle des unfreiwilligen Priesters, bekommt aber nur sehr wenige wirklich gefühlvolle Momente, und so wirkt der Film auch insgesamt eher blass. Eine solide Story, solide inszeniert, aber irgendwie leblos. Bronson übrigens ist alles andere als eine Hauptrolle, er hat vermutlich nur eine Hand voll Dialogzeilen und nur wenige Minuten Bildschirmzeit. Es dürfte sich eher um eine Marketing-Strategie gehandelt haben, ihn hinzu zu kaufen. Dann natürlich noch als Halbblut, eine Rolle die er aber auch schon in anderen Filmen zum Besten gegeben hat, beispielsweise Chatos Land. Warum es nun ein französischer Regisseur ist der mit amerikanischen Schauspielern, auf Englisch, eine Episode aus der mexikanischen Geschichte erzählt? Wer weiß. Jedenfalls war Verneuil auch nicht die erste Wahl, wie der Text im Booklet erklärt hat der Film eine längere Produktionsgeschichte hinter sich.

Da wären wir nun auch schon beim Urteil. Der Film versucht eine Gratwanderung zwischen Abenteuerfilm, Historienfilm und Actionfilm, bei der er sich fleißig der Die Glorreichen Sieben Gewürzmischung bedient. Hinzu kommen einige Aspekte von Rassimus und Religion, mit einer Prise politischer Kritik (sehr dezent), in punkto Aufrüstung von Konfliktparteien. Man wird aber das Gefühl nicht los dass der Film doch eine eher pro-katholische Haltung einnimt und die Yaqi als recht einfältige, böse Pappkameraden darstellt denen man nicht trauen kann. Wie dem auch sei, am wichtigsten zu wissen ist letztlich, dass der Film völlig okay ist, gar einigermaßen unterhält, handwerklich viel richtig macht, und an einigen Stellen auch recht niedlich ist. Leider bleibt er recht blass, da Verneuil seinen Charakteren wenig Raum zum atmen lässt und viel Stoff in die Laufzeit packt. Aber das ist in Ordnung. Ein durchschnittlicher Vertreter seines Genres. Die Hölle von San Sebastian kann man durchaus gucken, nur zu viel sollte man sich nicht erwarten.

Die BluRay

Die Hölle von San Sebastian BluRay

Das Bild sieht gut aus, leidet aber unter einem etwas zu starken Rauschfilter, wodurch das Bild etwas weichgespült aussieht. Das zugrundeliegende Material hätte auch mit ein wenig mehr intaktem Filmlook gut hergehalten, das ist etwas schade. Leider habe ich keine Version die ich zum Vergleich heranziehen kann. Insgesamt aber muss man sagen das Bild sieht sehr gut aus und punktet durch gute Farben, Schärfen und Kontrast.

Der Ton klingt zwar manchmal ein wenig blecherner als er müsste, aber insgesamt hat man viel aus dem alten Material herausgeholt, ich vermute sogar dass es sich um einen Stereo-Upmix handeln könnte. Getestet habe ich wie immer ausschließlich den Originalton. Die deutsche Synchronfassung ist auch an Bord. Beides als PCM 2.0 Spur. Leider aber sind keine Untertitel enthalten. Schade dass ausgerechnet an so etwas essentiellem gespart wurde, nur um dann um das relativ magere Paket (sonst ja auch keine Extras außer dem US-Trailer) ein edel ausehendes Mediabook zu spinnen, damit ein höherer Preis für die Käufer akzeptabel scheint. Das ist sehr schade und eben ein großes Malus an dieser Veröffentlichung.

Die Hölle von San Sebastian BluRay

Die BluRay hat zu Beginn außerdem ein fast einminütiges HanseSound Werbereel das nicht übersprungen oder vorgespult werden kann. Das Mediabook mit dem alten deutschen Kinoplakat-Motiv ist schön geworden, und enthält ein 24-seitiges Booklet mit einem Text von Peter Osteried (Autor u.a. von Giallo: Die Farbe des Todes: Eine Chronologie des italienischen Serienkillerfilms) - der sich aber in erster Linie auf Bronsons Filmkarriere konzentriert - und jeder Menge Farbfotos und einiger Plakatmotive. Eine DVD Version des Films ist auch noch enthalten.


Verfasst von Sebastian, publiziert am 30. März 2022.

Die BluRay wurde vom Label zur Verfügung gestellt. Die hier verwendeten Screenshots sind von BluRay.com und entstammen der US-Version

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