Escondido BluRay Kritik

From The Spaghetti Western Database
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Besprechung von Escondido (El Desperado aka The Dirty Outlaws), erschienen auf BluRay bei Explosive Media im September 2022.

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Der Film

Der Betrüger Steve "El Desperado" (Andrea Giordana) ist mal wieder auf der Flucht vor dem Gesetz, als er einem sterbenden Soldaten begegnet, der ihm anvertraut, er habe seinen Sold an seinen blinden Vater geschickt, der dort auf ihn wartet. Sein Traum vor dem Ableben ist es, dass der Vater die Familienranch davon kauft. Beim Thema Gold horcht Steve auf, und bei der Information, dass der Vater längst blind ist, erst recht. Kurzerhand streift er sich die Uniform des Toten über, und stellt sich dem Vater (Piero Lulli) und dessen Haushaltshilfe Katy (Rosemarie Dexter) als dessen Sohn vor. Doch zeitgleich treffen nicht nur zwei andere Soldaten in der verlassenen Stadt ein, sondern auch die Bande von Asher (Franco Giornelli), die eigentlich die ankommende Goldkutsche überfallen wollen... als Steves Story auffliegt stellt sich raus, die Bande ist ihm gar nicht so unbekannt....

Escondido

Es erstaunt ein wenig, dass dieser Film von 1967 ist, denn er wirkt teilweise wie ein späterer Italowestern. Autor und Regisseur Franco Rossetti (Django) bedient sich der klassischen Geldgier und Rachemotive, doch der Film ist fast schon zu düster und dreckig, und pessimistisch, wenn man nicht wüsste dass er sich dabei von den unmittelbaren Vorgängern des Genrese bediente, vor allem den von ihm selbst mitgeschriebenen Django, könnte man glatt einen dieser misanthropischen Spätwestern im Stil von California vermuten, der ihm übrigens recht ähnlich ist. Escondido ist auch gar nicht so meilenweit weg von Django weg, man erkennt insbesondere viele Patentrezepte aus dem Corbucci Film hier wieder, vom Schlamm bis hin zu den Armeeuniformen, Folter, und auch ein Sarg kommt vor. Dabei ist er fast noch minimalistischer als sein kommerziell erfolgreiches Vorbild: der Film mit sehr wenigen Locations und auch Personen bzw. Charakteren aus.

Escondido

Der Film ist von Angelo Filippini ausgezeichnet ausgeleuchtet, was ihn deutlich besser erscheinen lässt als er ist. Denn er ist vor allem eher einfallslos und etwas simpel. Die Musik von Gianni Ferrio (Sledge) ist eher so lala, der Titelsong dafür recht gut. Es ist ein Film der sich nicht zu sehr bemüht, Tiefe zu präsentieren, sondern er kommt eigentlich recht fix zum Punkt und kostet dann alles aus was das Publikum sehen möchte: Gewalt, Action, böse Jungs mit Knarren und gutaussehende Kameraeinstellungen vor grausamer Kulisse.

Escondido

Giordana, der hier weniger zu überzeugen weiß als in dem - auch insgesamt viel besseren - Johnny Hamlet von Enzo Castllari (der im Dezember bei Explosive Media erscheint), taugt als Antiheld ganz gut. Und dabei ist er das nächstbeste zu einer Identifikationsfigur was der Film anzubieten hat, denn wie Christian im Booklet Text zu Recht klarstellt: hier sind alle einfach nur gierig, und diese niederen Motive lassen keinen Platz für Heldentum. Etwas schade ist die sehr zurückgenommene Rolle von Rosemarie Dexter (die 2010 verstarb, bekannt war sie u.a. auch aus der Komödie Casanova '70), die im Genre sicherlich mehr zeigen hätte können, und ich weiß nicht warum Lulli dachte, Blinde müssten, weil sie nix sehen, immer absichtlich in völlig andere Richtungen gucken, aber gut.

Insgesamt ist El Desperado ein eigentlich recht unterhaltsamer, typisch grimmiger Italostreifen, der leider nur nicht besonders emotionalie Tiefe oder Komplexität mitbringt.

Escondido

Die BluRay

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Explosive Media bringt den Film, 9 Jahre nachdem er in hierzulande das letzte mal auf in irgend einer Form auf DVD erschien, ein einem schmucken Mediabook, neuer Abtastung und einigen Extras.

Das Bild sieht zwar farbenfroh aus und macht auch insgesamt einen guten Eindruck, doch offenbart sich bei näherem hinsehen - und eigentlich bedarf es noch nicht einmal das - doch sehr starker Einsatz von Kantenglättung und digitaler Rauschunterdrückung (DNR). Das schmälert die Freude an diesem Transfer doch einigermaßen, denn dadurch gehen Details und Filmkorn ebenso verloren wie charmante Kratzer oder Dreck das man sonst von der Abtastung alter Filmrollen kennt. Konturen wirken künstlich, sehr platisch wenn man Piero Lulli das erste mal in Nahaufnahme sieht, es wirkt fast wie digital nachgezeichnet. Wer auch immer das Material abgetastet und restauriert hat, hat es einfach ein bisschen zu gut gemeint. Dennoch ist es ein großer Schritt nach vorne im Vergleich zur altbekannten DVD. Farben, Kontraste, und Schwarzwerte sind hervorragend (letzte zumindest generell, die Kompression schwächelt etwas in dunklen Szenen). Das Bild springt einen förmlich an.

Escondido

Der Ton gibt ein ähnlich gemischtes Bild ab. Ich habe hier mal Italienisch getestet und deutsche Untertitel dazu angemacht für diese Besprechung. Der Ton klingt etwas dumpf und auch minimal rauschig, überzeugt also nicht auf ganzer Linie, ist aber unterm Strich ganz ok. Der Deutsche scheint mir zwar teilweise etwas besser zu klingen, vor allem erdiger, leidet aber unter den gleichen Problemchen und teilweise unter ganz leichten und aber vernehmbaren Leiern. Der Englische ist der qualitativ schlechteste, das ist sehr dumpf teilweise und dürfte von einer etwas schlechteren Quelle stammen. Inhaltlich unterscheiden sich alle minimal, die Abweichungen sind aber nicht extrem. Auffallen kann dies wenn man etwas mit der Kombination aus Tonspuren und Untertiteln spielt, so gönnt sich die englische Synchro einige Freiheiten, und die deutsche natürlich auch.

Es gibt Untertitel auf Deutsch und Englisch. Da der Film ungekürzt vorliegt, werden deutsche Untertitel eingeblendet wenn man den Film auf Deutsch guckt, für die Szenen die damals fehlten.

Es gibt ein paar interessante Extras, darunter ein 15-minütiges Interview mit dem Kameramann Roberto Girometti, eine Bildergalerie, der Trailer und ein Audiokommentar. Letzterer ist erneut von Leonhard Elias Lemke eingesprochen und durchweg informativ. Das 28-seitige Booklet enthält einige Auszüge zum Film sowohl von Christian Kessler als auch dem damaligen Presseheft, sowie diverse Farbfotos.


Verfasst von Seb, publiziert am 19. Oktober 2022. Die BluRay wurde uns zur Verfügung gestellt. Die im Artikel genutzten Bilder sind nicht repräsentativ für die tatsächliche Bildqualität der Disc.

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